LKW | 1000-Punkte-Test 1 1 Mit 470 PS Nennleistung tritt der Bajuware als nominell stärkster Lkw an, bildet mit 2.400 Nm im Maximum aber das Schlusslicht in puncto Kraft. 2 Schnell ist der MAN mit seiner 2,53er- Achse sowie im eher fahraktiven E-Modus 2 unterwegs. MAN TGX 18.470 BLS Den Fahrerhausrohbau ins Visier genommen, lässt sich beim MAN von heute leicht noch der Bogen ins Jahr 2000 schlagen, als seinerzeit der TGA das Licht der Welt erblickte. Logisch, dass die Designer dessen Exterieur generell über die Jahre und speziell anno 2019 zur Vorstellung der neuen Reihe einen anderen Schliff gaben. Doch sind es die inneren Werte, die das Fahrzeug tat sächlich zu etwas ganz anderem machen als das, was es damals zu Zeiten von Euro 3 noch war? Hatte der Löwe aus München im ersten Jahr zehnt des neuen Jahrtausends noch kühn seine Pranken ausgestreckt, um sich Scania einzuver leiben, sieht die Sache heute ganz anders aus. Unterm Dach von VW und als Teil des Traton Konzerns sind die Karten so verteilt, dass Scania erklärtermaßen die erste Geige spielt, während MAN nicht ganz so prominent im Orchester plat ziert ist. Folge davon: Scania, den sogenannten Lead bei den schweren Motoren einnehmend, konnte zum Test bereits mit dem brandneuen 13-Liter-Weltmotor anrauschen, auf den MAN noch ein Weilchen zu warten hat. Andererseits ist es so, dass in Sachen Elektronik die Führerschaft bei Traton in Händen von MAN liegt, von den Früchten dieser Arbeit aber beide Konzerngeschwister profitieren. Eingeimpft ist ihnen somit nun, dass sich viele Fahrzeugfunk tionen online aufspielen oder auf den neuesten Stand bringen lassen. Katze wie Greif können darüber hinaus auf entsprechend ausgebauten Fernstraßen weitgehend autonom agieren. Und damit nicht genug: Diesem System zur Seite steht jetzt eine weitere Neuerung, die sich beide Sprösslinge des Traton-Konzerns teilen und die bei MAN auf den sperrigen Namen „Spurwech sel-Kollisions-Vermeidungsassistent“ hört. Die Warnung vor einem möglichen Crash bildet nun nicht mehr das Ende der Fahnenstange. Stattdes sen lenkt LCCPA, wie das vom englischen Be griff abgeleitete Kürzel für die Einrichtung lau tet, im Ernstfall automatisch zurück. Beim Triebstrang gehen die Konzerngeschwis ter aber getrennte Wege. Das im MAN-Testfahr zeug verbaute Trio aus Motor, Getriebe und Hinterachse setzt sich zusammen aus der anno 2019 zuletzt überarbeiteten D26-Maschine, der wohlbekannten ZF-Zwölfgangautomatik Traxon und der jüngst renovierten Hypoid-Hinterachse HYS-1344. Die gibt es mittlerweile auch in den zwei besonders drehzahldrückenden Überset zungen von 2,31 und sogar 2,10. Angetreten ist der TGX 18.470 zum Test (wie auch der Scania 460 R) mit der eher fahraktiven Übersetzung von 2,53, was einem Drehzahlni veau von rund 1.160 Touren bei Autobahntempo 2 85 km/h entspricht. Diese Grundkonfiguration, kombiniert mit dem temperamentvoll gestimm ten E-Modus der Automatik: Sie lässt in puncto Fahrleistung auch ohne Angasen am Berg (wie es Scania und Volvo praktizieren) nichts zu wün schen übrig und den MAN als Meister der Berg fahrt aus diesem Vergleich hervorgehen. Beim Dieselverbrauch freilich zieht sich der MAN dann nicht ganz so gekonnt aus der Af färe und hinkt den Mitstreitern ein wenig hin terher. Was den Adblue-Verbrauch angeht, reiht er sich mittenmang ein zwischen dem in dieser Hinsicht sehr sparsamen Volvo und dem S cania, dessen neuer Motor SCR-only so ausreizt, dass die Harnstofflösung nun in Höhe von gut elf Prozent des Dieselverbrauchs (vordem unge fähr acht Prozent) die Katalysatoren beglückt. Auch wenn beim MAN der Motor im Drehzahl keller gern einmal etwas zu brummen anfängt, auch die Windgeräusche innen drin deutlicher zu vernehmen sind als bei den Mitstreitern, so hat er doch seine ganz eigenen Stärken. Zu nen nen wäre in erster Linie das Kabineninterieur, dessen Architekten ein glückliches Händchen zu attestieren ist. Aufgeräumt und trotzdem gespickt mit allerlei Finessen: Dieser Nenner gebührt dem mittelho hen MAN-Fahrerhaus GM allemal. Der Einstieg erfordert mit insgesamt 1.550 Millimeter Höhe nur moderates Klettern und geht einigermaßen leicht von der Hand. Ist die Kabine einmal geen tert, dann empfängt den Fahrer ein wohldurch dachtes und großzügiges Ambiente. Geschickt hat es MAN geschafft, die traditionell eher kla re Linie (vor allem des Armaturenträgers) fort zuführen und es trotzdem nicht an all den Aus stattungsdetails fehlen zu lassen, die heute eben zum guten Ton gehören. So bringt der MAN viel Bewegungsfreiheit in der Fahrzeugmitte bestens unter einen Hut mit einem vorbildlichen Bedienkonzept, reichlich Ablagen fast allerorten (nicht ganz so üppig das Angebot direkt um den Fahrer herum) – und lässt es an allfälligen Finessen wie drehbarem Fahrerhäuser: die wichtigsten Abmessungen MAN TGX GM Scania R Außenbreite/-länge (mm) Höhe Stufen (mm) Höhe Einstieg gesamt (mm) 2.440/2.480 365/395/395/395 1.550 2.470/2.270 390/390/380/315 1.475 Außenversatz oberste Stufe 60 120 (mm) Frontscheibe–Rückwand (mm) 2.090 2.075 Zwsichen Seitenscheiben (mm) 2.340 2.294 Zwischen Türen (mm) 2.124 2.008 Stehhöhe vor Sitz (mm) 1.946 2.022 Stehhöhe Fahrzeugmitte (mm) 1.779 1.938 Höhe Motortunnel (mm) 109 156 Umbauter Raum gesamt (m 3 ) 8,27 8,25 Stauraum außen l./r. gesamt (l) 198/183 381 217/222 439 Stauraum unter Liege (l) 123 99 davon Kühlschrank (l) 46 34 Schränke stirnseitig (l) 209 233 Im Armaturenträger (Schubladen vorn und andere) (l) 24 12 Insgesamt ohne Rückwandmodul (l) 737 783 Rückwandmodul, falls Serie (l) – 406* Rückwandmodul optional (l) 320 – Geschlossener Stauraum max. (l) 1.057 1.189 Sitzkissenverstellung (mm) 80 50 Fahrersitz längs (mm) 230 230 Fahrersitz in Höhe (mm) 120 105 Lenkradverstellung Auszug (mm) 110 85 Neigung (Grad) 55 44 Parkposition (Grad) 0 8 Liege unten B × L (mm) 700–800 × 2.008 658–820 × 1.950 Fläche gesamt (m 2 ) 1,51 1,44 Innengeräusch (dB [ A ] ) Standgas 51,7 46,4 85 km/h 64,9 63,6/62,8** Volllast Berg 66,6 65,2 Ø dieser Werte 61,0 58,4 * Serienmäßig, wenn kein zweites Bett gewünscht; ** 12.Gang/Overdrive Volvo FH Globetrotter 2.495/2.225 425/355/385/390 1.555 85 2.082 2.329 2.073 1.952 1.924 94 8,36 233/250 483 89 38 157 10 739 – 352 1.091 65 240 100 120 57 2 650–825 × 1.995 1,47 48,3 62,1 65,0 58,5 1 P rädikat „aufgeräumt“: Das Interieur ist beim neuen TGX äußerst gut gelungen. 2 B ühne frei: Eines der vielen eindrucksvollen Kunststücke im Digitalen beim MAN bildet das Display. 3 S chalter, wo nötig, intuitiv bedienbares Digitales, wo möglich: Auch diesen Spagat beherrscht der TGX meisterhaft. 4 Schöner Rücken: Die Rückwandkonsole lässt ebenso keine Wünsche offen wie auch die Bedieneinheit im Heck. 5 Spiegel adieu: Das Ersatzsystem namens Optiview macht oben wie seitlich Tabula rasa mit konventionellem Spiegelglas. 4 5 5 [ 12 ] lastauto omnibus 1-2/2022 1 3 lastauto omnibus 1-2/2022 [ 13 ]
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